Nießbrauch berechnen
Der Eigentümer einer Immobilie hat die Möglichkeit, einer anderen Person das Nutzungsrecht an seinem Haus oder seiner Wohnung zu gewähren. Das Nießbrauchrecht reduziert den steuerpflichtigen Wert der Immobilie, da der Eigentümer weder die Immobilie selbst nutzen noch vermieten kann. Im Rahmen einer Immobilienverrentung ist der Wert des Nießbrauchs ein relevanter Faktor bei der Berechnung des Auszahlungsbetrags für den Verkäufer der Immobilie. Bei Schenkungen kann der Nießbrauch den Wert der Schenkung so verringern, dass der Beschenkte gar keine Schenkungssteuer zahlen muss. Unser Online-Rechner für Nießbrauch ermöglicht, den Gesamtwert der Immobilie unter Berücksichtigung des Nießbrauchrechts schnell und unkompliziert zu ermitteln.
Falls Ihnen diese Berechnung geholfen hat, würden wir uns über eine Bewertung freuen. Und wenn wir etwas verbessern können, nehmen Sie gerne Kontakt auf und lassen Sie es uns wissen!
1. Faktoren bei der Berechnung des Nießbrauchsrechts
1.1 Geschlecht und Alter
Das Geschlecht und Alter des Nießbrauchers spielen eine zentrale Rolle, da die Lebenserwartung entscheidend für die Dauer ist für welche die Immobilie nicht anderweitig genutzt werden kann, sondern für den Nießbrauchnehmer sozusagen reserviert ist. Da dieser Zeitpunkt nicht genau vorhersehbar ist, werden statistische Daten herangezogen. In der Sterbetafel des statistischen Bundesamtes werden Durchschnittswerte zur Lebenserwartung aufgeführt unter Berücksichtigung des Geschlechts und des Alters des Nießbrauchberechtigten. Da Männer eine kürzere Lebenserwartung als Frauen haben, ist der Kapitalwertfaktor und somit auch der Nießbrauchwert bei ihnen niedriger. Beispiel: Bei einem 80-jährigen Mann beträgt die statistische Lebenserwartung 7,97 Jahre und dieser Lebenserwartung ist laut Sterbetafel des statistischen Bundesamtes ein Kapitalwertfaktor von 6,489 zugeordnet.
Bei Lebensgemeinschaften oder Ehen wird der Ehepartner berücksichtigt, der noch die längere verbleibende Lebensdauer hat, bei gleichaltrigen Paaren ist das entsprechend die Frau.
1.2 Immobilienwert
Der aktuelle Marktwert der Immobilie ist ein weiterer wesentlicher Faktor, denn davon hängt ab von welchem Wert der Nießbrauch letztlich abgezogen wird. Sollten Sie nicht wissen wie hoch der exakte Marktwert ist, spielt das keine Rolle, Sie können einfach einen Schätzwert nehmen. Diesen können Sie aus einem der Immobilienportale entnehmen, alternativ von einem Makler einschätzen lassen. Der Immobilienwert wird letztendlich ohnehin vor Ort durch einen Gutachter bzw. einen qualifizierten Immobiliensachverständigen vor einer Verrentung überprüft.
1.3 Monatskaltmiete
Die Höhe der Monatskaltmiete, also die Miete ohne Nebenkosten, ist ebenfalls ein wichtiger Parameter. Sie gibt an, wie viel Ertrag die Immobilie monatlich generieren würden, falls Sie frei wäre. Darauf basierend wird der Nießbrauch berechnet und mit dem Kapitalwertmultiplikator multipliziert. Die Miete ist also sozusagen fiktiv, da sie ja nicht bezahlt wird, sie ist jedoch wichtig um zu berechnen auf wie viel Kapital ein Investor verzichten würde, bis die Immobilie basierend auf der Lebenserwartung der Nießbrauchnehmer frei werden würde. Als Referenz für diese fiktive Miete dienen vergleichbare Wohnobjekte unter Berücksichtigung des örtlichen Mietspiegels. In dem Fall, dass die Immobilie zum Zeitpunkt der Bestellung des Nießbrauchs vermietet ist, ergibt sich der Jahreswert aus den jährlichen Mieteinnahmen abzüglich der Werbungskosten.
1.4 Befristeter oder unbefristeter Nießbrauch
Auch die Dauer des Nießbrauchs spielt eine wesentliche Rolle bei der Berechnung des Nießbrauchwerts. In der Regel wird das Nießbrauchrecht auf Lebenszeit vereinbart, d.h. der Nießbrauch endet mit dem Tod des Nießbrauchberechtigten. Allerdings gibt es auch die Möglichkeit den Nießbrauch zeitlich einzuschränken. Dadurch haben potentielle Investoren eine viel genauere Möglichkeit zu prognostizieren, wann die Immobilie frei wird. Durch eine Befristung des Nießbrauchs unter die zu erwartende Lebensdauer, erhöht sich natürlich der Auszahlungsbetrag an den Nießbrauchnehmer.
2. Kapitalwertmultiplikator
Klingt kompliziert, ist es aber nicht! Der Kapitalwertmultiplikator, auch Vervielfältiger (Bundesfinanzministerium) genannt, wird verwendet, um den Barwert von zukünftigen Zahlungen wie zum Beispiel Mieteinnahmen zu berechnen. Dieser Multiplikator hilft, die zukünftigen Zahlungsströme auf den heutigen Wert abzuzinsen, um eine angemessene Bewertung der Immobilie in der Gegenwart auf Basis von Zahlungsströmen in der Zukunft zu ermöglichen. Dies ist notwendig, weil ein Wert heute mehr wert ist als der gleiche Wert in Zukunft sein wird.
Hat man die obigen für die Berechnung des Nießbrauchs erforderlichen Faktoren berücksichtigt, gestaltet sich die eigentliche Berechnung recht einfach. Der Jahreswert wird mit dem Kapitalwertfaktor multipliziert, woraus sich der Kapitalwert des Nießbrauchs ergibt:
Kapitalwert Nießbrauch = Jahreswert x Kapitalwertfaktor
3. Unterschiede zwischen der Berechnung des Wohnrechts und des Nießbrauchs
Eine Immobilie kann entweder mit einem Wohnrecht oder Nießbrauchrecht übertragen werden. Der Hauptunterschied besteht darin, dass das Wohnrecht lediglich das Recht gewährt, die Immobilie persönlich bis zum Tod oder Auszug zu bewohnen, während das Nießbrauchrecht zusätzlich das Recht beinhaltet, die Erträge oder Nutzungen aus der Immobilie zu erhalten. Das bedeutet, dass beim Nießbrauchrecht der Wohnberechtigte auch ausziehen kann (z. B. in ein Pflegeheim) und die Immobilie selbst vermieten darf. Der Eigentümer kann die Immobilie erst nach dem Tod des Wohnberechtigten selbst bewohnen oder vermieten.
Bei der Ermittlung des Werts des Wohnrechts stellt sich oft die Frage, wie das Nießbrauchrecht im Vergleich zum lebenslangen Wohnrecht bewertet wird. Das Finanzamt macht hier keinen Unterschied: Bei der Berechnung des Wohnrechts wird nicht differenziert, ob es sich um einen Nießbrauch oder um ein (ggf. lebenslanges) Wohnrecht handelt.
4. Berechnung eines befristeten Nießbrauchs
Noch einfacher wird es mit der Berechnung, wenn das Nießbrauchrecht nur für einen bestimmten Zeitraum gewährt wird. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn der Nießbrauchberechtigte beabsichtigt, in einem bestimmten Alter in ein Pflegeheim zu ziehen und zu diesem Zeitpunkt die vollen Rechte an seiner Immobilie seinen Erben überlassen möchte. Genauso kann ein zeitlich befristeter Nießbrauch in Frage kommen, wenn die Erben zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch minderjährig sind oder vor der Übertragung der vollen Rechte an dem Haus oder der Wohnung ihre Ausbildung abschließen sollten.
Wenn die exakte Dauer des Nießbrauchs feststeht, erfolgt die Berechnung nicht basierend auf der Sterbetafel des Statischen Bundesamtes, sondern der Wertminderungstabelle für den befristeten Nießbrauch in Anlage 9a des Bewertungsgesetzes.
Praxisbeispiel: Die 75-jährige, alleinstehende Frau Schätze aus Freiburg verkauft ihr Reihenhaus an einen Investor und lässt sich ein Nießbrauchrecht für die Dauer von 10 Jahren eintragen, weil sie anschließend in ein Pflegeheim zu ziehen plant. Unter Berücksichtigung von vergleichbaren Reihenhäusern in Freiburg und des städtischen Mietspiegels wird ein Jahreswert (= Jahresmiete) von 18.000 Euro zugrunde gelegt. Laut der Wertminderungstabelle für den befristeten Nießbrauch beträgt der Kapitalwertfaktor bei einer Befristung von 10 Jahren 7,745. Den Wert des Nießbrauchs von Frau Schätzle berechnet man dann wie folgt:
18.000 Euro x 7,745 = 139.410 Euro
Im Vergleich zum obigen Praxisbeispiel mit lebenslangem Nießbrauchrecht verringert sich der Nießbrauchwert um fast 30.000 Euro. Es ist wichtig zu berücksichtigen, dass ein lebenslanges Nießbrauchrecht jedoch wesentlich mehr Spielraum bietet, denn letztendlich kann niemand die tatsächliche Lebensdauer von Frau Schätzle vorhersagen.
5. Beispielrechnung Nießbrauch
In unserem Beispiel betrachten wir eine Frau im Alter von 75 Jahren, die eine Immobilie mit einem Verkehrswert in Höhe von von 600.000 EUR in Freiburg besitzt. Für ein vergleichbares Objekt beträgt die Kaltmiete 1.500 EUR pro Monat. Es wird ein unbefristetes Nießbrauchrecht gewünscht.
5.1 Ergebnisse Berechnung des Nießbrauchs
- Die Restlebenserwartung der 75 jährigen Frau beträgt 13,01 Jahre. Statistisch soll sie bis zum Jahr 2038 leben und wird dann 88 Jahre alt sein.
- Wie oben beschrieben ist der Kapitalwert Multiplikator oder Vervielfältiger eine Kennzahl, die verwendet wird, um den Wert einer Immobilie im Verhältnis zu den erzielten Mieteinnahmen zu bewerten. In Verbindung mit einem Wohnrecht kann der Kapitalwertfaktor dafür genutzt werden, den Einfluss des Wohnrechts auf den Wert der Immobilie zu analysieren. In unserem Rechenbespiel beträgt der Kapitalwert Multiplikator 9,373.
- Für die Berechnung des Wohnrechts wird die Jahresmiete durch den Vervielfältiger multipliziert: 1.500 EUR (fiktive Monatskaltmiete) x 12 Monate x 9,373 (Kapitalwert Multiplikator) = 168.714 EUR
- Im nächsten Schritt wird der berechnete Wert des Wohnrechts vom Verkehrswert der Immobilie abgezogen: 600.000 EUR – 168.714 EUR = 431.286 EUR
- Das Verkaufspotential bedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit für einen erfolgreichen Verkauf bei diesem Objekt rund 88% beträgt. Bei der Berechnung werden verschiedene Parameter wie der Immobilienwert, aber auch das Alter des Nießbrauchers berücksichtigt. Da unter anderem die Lager und der Zustand der Immobilie nicht in Betracht gezogen werden, kann diese Schätzung lediglich als exemplarisch gelten.
5.2 Grafische Darstellung der Ergebnisse
Um die Berechnung möglichst einfach und verständlich zu gestalten, stellen wir die Ergebnisse auch grafisch dar. Dadurch kann man auf einen Blick erkennen, wie sich das Nießbrauchsrecht im Verhältnis zum Immobilienwert verhält. Auch das aktuelle Alter des Nießrauchers wird ins Verhältnis zur Restlebensdauer gesetzt. Zudem werden das Verkaufspotential sowie der herangezogene Kapitalwert Multiplikator im Vergleich zum maximalen Multiplikator bzw. Vervielfältiger dargestellt.