Wohnrecht auf Lebenszeit
Durch einen Immobilienverkauf mit lebenslangem Wohnrecht erhält der Berechtigte das Recht, die von ihm bewohnte Immobilie bis zu seinem Tod weiter zu bewohnen, ohne dabei Eigentümer zu sein. Durch den Vertragsabschluss entfällt die Notwendigkeit zur Zahlung von Miete, der Berechtigte trägt jedoch weiterhin seine Betriebs- und Nebenkosten und kümmert sich um die Instandhaltung des Hauses oder der Wohnung. Das vertraglich vereinbarte und im Grundbuch eingetragene Wohnrecht bleibt auch dann bestehen, wenn der neue Eigentümer die Immobilie veräußert. Es ist nicht möglich, das Wohnrecht auf Lebenszeit zu vererben, zu verkaufen oder anderweitig an Dritte zu verkaufen.
1. Wann ist ein Wohnrecht sinnvoll?
Es gibt einige Szenarien, bei denen die Eintragung eines lebenslangen Wohnrechts eine sinnvolle Lösung für Senioren sein kann – mit oder ohne Immobilienverkauf:
- Die Eigentümer eines Hauses oder einer Wohnung möchten das Kapital aus ihrer Immobilie zu Lebzeiten rausholen, ohne auf ihre gewohnte Wohnumgebung verzichten zu müssen
- Der Lebenspartner oder die Lebenspartnerin soll die Immobilie weiterhin bewohnen können, wenn der Eigentümer oder die Eigentümerin verstirbt. Um diesem Wunsch nachzugehen, sollte ein lebenslanges Wohnrecht für diese Person eintragen werden. Denn ohne ein Wohnrecht besteht das Risiko, dass die Erben sie aus der Immobilie vertreiben.
- Die Senioren möchten ihre Immobilie weiterbewohnen, aber diese schon zu Lebzeiten auf ihre Kinder übertragen. Bei teuren Immobilien kann eine Schenkungssteuer anfallen. Das Wohnrecht verringert den Wert der Immobilie, wodurch entsprechend auch die Schenkungssteuer geringer ausfallen kann

2. Vertragliche Vereinbarung des Wohnrechts
Auch wenn private Vereinbarungen grundsätzlich möglich sind, wird dringend dazu geraten, das Wohnrecht an einem Haus oder einer Wohnung in einem offiziellen, im besten Fall von einem Rechtsanwalt angefertigten Vertrag festzuhalten, der alle Verpflichtungen und Rechte des Eigentümers und des Berechtigten klar definiert. Anschließend sollte ein Notar die Eintragung des Wohnrechts im Grundbuch veranlassen. Die Eintragung erfolgt als beschränkt persönliche Dienstbarkeit in Abteilung II des Grundbuchs unter Lasten und Beschränkungen. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass das Wohnrecht im Falle eines Streits zwischen Eigentümer und Bewohner oder auch bei einem Immobilienverkauf bestehen bleibt. Auch wenn es in der Regel der Fall ist, dass die Vertragsparteien ein unentgeltliches lebenslanges Wohnrecht vereinbaren, ist es durchaus zugelassen, das Wohnrecht zum Beispiel zeitlich zu befristen oder sich auf monatliche Zahlungen an den neuen Eigentümer zu einigen.
3. Unterscheidung zwischen Wohnungs- und Nutzungsrecht
Ein Wohnrecht auf Lebenszeit kann entweder als Wohnungsrecht gemäß § 1093 BGB oder als Wohn- und Mitbenutzungsrecht gemäß § 1090 BGB vertraglich festgehalten werden. Es ist sehr wichtig, zwischen den Begrifflichkeiten „Wohnungsrecht“ und „Wohnrecht“ klar zu unterscheiden und vor dem Kaufabschluss abzuklären, welche Variante für den Immobilienverkäufer sinnvoller ist.
a) Wohnungsrecht nach § 1093 BGB
Beim Wohnungsrecht gemäß § 1093 BGB erhält der Verkäufer der Immobilie die Befugnis, den neuen Eigentümer von der Nutzung des Wohnraums auszuschließen. Das heißt, das Wohnungsrecht ermöglicht eine Nutzung der Immobilie ohne den Eigentümer. Vom Wohnungsrecht wird häufig Gebrauch gemacht, wenn die Immobilie nicht an Familienmitglieder veräußert wird und die Senioren den Wunsch haben, die Wohnung oder das Haus alleine zu nutzen.
b) Wohn- und Mitbenutzungsrecht nach § 1090 BGB
Beim Wohn- und Mitbenutzungsrecht gemäß § 1090 BGB hingegen teilt der Verkäufer der Immobilie die Nutzung des Wohnraums mit dem Eigentümer. Diese Variante kommt besonders häufig vor, wenn der Verkäufer seine Immobilie zum Beispiel mit den eigenen Kindern teilen möchte.
4. Erforderliche Dokumente beim Immobilienverkauf mit Wohnrecht
Wird ein Haus oder eine Wohnung mit Wohnrecht auf Lebenszeit verkauft, muss der Verkäufer einige Unterlagen zur Verfügung stellen. An erster Stelle steht ein aktueller Grundbuchauszug, der beim zuständigen Grundbuchamt gegen eine geringe Gebühr angefordert werden kann. Der Grundbuchauszug bestätigt den oder die Eigentümer der Immobilie, auch eventuelle Lasten und Dienstbarkeiten sind darin eingetragen. Neben dem Grundbuchauszug sollten möglichst viele Dokumente zu baulichen Beschaffenheiten der Immobilie vorgelegt werden, damit der Käufer sich eine umfassende Meinung über das Kaufobjekte bilden kann. Dazu zählen unter anderem Baupläne und Baubeschreibungen vom Bauordnungsamt, Lageplan und Flurkartenauszug vom Vermessungs- und Katasteramt sowie Wohn- und Nutzflächenberechnungen, die ebenso beim Bauordnungsamt erhältlich sind.
Seit 2007 besteht außerdem die Pflicht, bei einem Haus- oder Wohnungsverkauf einen aktuellen Energieausweis vorzulegen. Einen sogenannten Verbrauchsausweis (auch kleiner Energieausweis genannt) erhält man beim Energieversoger oder bei der Hausverwaltung, wenn es sich um eine Eigentumswohnung handelt. Der sogenannte Bedarfsausweis darf nur von zertifizierten Fachleuten wie zum Beispiel Gebäudeenergieberatern ausgestellt werden und bedarf einer persönlichen Besichtigung. Die Kosten für die Erstellung eines Energieausweises bewegen sich in der Regel zwischen 50 und 100 Euro.
5. Rechte und Pflichten bei Wohnrecht auf Lebenszeit
Die genauen Rechte und Pflichten für den Wohnberechtigten und den Eigentümer der Immobilie können je nach den Bedingungen des Wohnrechts- oder Wohnungsnutzungsvertrags variieren.
a) Rechte des Wohnberechtigten
Die Personen mit Nutzungsrechten dürfen die Immobilie oder bestimmte Teile davon für Wohnzwecke nutzen. Wenn das Nutzungsrecht nur auf einen Teil der Immobilie beschränkt ist, hat der Berechtigte dennoch das Recht zur Nutzung wichtiger Einrichtungen wie beispielsweise die Küche, Gemeinschaftsräume, Waschraum oder Heizungsanlagen. Darüber hinaus können Familienmitglieder (Ehepartner, Kinder, nicht ehelicher Partner), Bedienstete und Pflegepersonal aufgenommen werden. Es ist jedoch nicht gestattet, die Immobilie zu vermieten, es sei denn, es wurde explizit ein Nießbrauch vereinbart.
b) Pflichten des Wohnberechtigten
Ein lebenslanges Nutzungs- und Wohnrecht an einer Immobilie gewährt dem Berechtigten die Möglichkeit, diese ohne Miete zu bewohnen. Allerdings ist er verpflichtet, die anfallenden Nebenkosten für Wasser, Heizung und Strom selbst zu tragen. Der Wohnberechtigte ist ebenso zur Instandhaltung des Hauses oder der Wohnung verpflichtet. Er haftet für kleinere Schäden, die auftreten können, und auch für Reparaturen sowie geringfügige kosmetische Sanierungen ist er zuständig.
c) Pflichten des Eigentümers
Für größere Sanierungsmaßnahmen ist grundsätzlich der Eigentümer verantwortlich, allerdings hat der Berechtigte keinen gesetzlichen Anspruch hierauf. Wenn der Eigentümer einer Immobilie Maßnahmen wie Sanierung oder Umbau durchführen möchte, muss er zunächst die Zustimmung des Wohnberechtigten einholen. Der Eigentümer hat kein Besichtigungsrecht, d.h. der Berechtigte darf dem Eigentümer verweigern, die Immobilie zu begutachten.
Anderslautende lautende, vom Gesetz abweichende Vereinbarungen sind grundsätzlich möglich. Diese sollten jedoch dringend vertraglich festgehalten werden, um späteren Streitigkeiten vorzubeugen.
6. Wann endet das Wohnrecht auf Lebenszeit?
Das lebenslange Wohnrecht gilt für die vertraglich festgehaltenen und im Optimalfall auch im Grundbuch genannten Personen. Das Wohnrecht auf Lebenszeit kann nicht verkauft, vererbt oder auf andere Personen übertragen werden. Der Berechtigte bzw. die Berechtigten haben jedoch das Recht, andere Personen – beispielsweise Familienmitglieder oder Pflegepersonal – in das Haus oder die Wohnung aufzunehmen.
a) Ende des Wohnrechts
Das Wohnrecht endet ohne aktives Tun des Berechtigten in folgenden Fällen:
- Mit dem Tod des Berechtigten, wenn nur er über das Wohnrecht verfügt
- Wenn das Haus bzw. die Wohnung nicht mehr bewohnbar ist
- Mit Fristablauf, wenn das Wohnrecht zeitlich befristet ist
- Das Wohnrecht ist an eine Bedingung geknüpft und diese fällt weg
b) Lebenslanges Wohnrecht beim Umzug ins Pflegeheim
Im Falle eines Umzugs in ein Pflegeheim bleibt das Wohnrecht weiterhin bestehen. Theoretisch hat der Berechtigte somit die Möglichkeit, zu einem späteren Zeitpunkt in seine eigenen vier Wände zurückzukehren, auch wenn dies unwahrscheinlich erscheint. Eine Ausnahme sehen die deutschen Gerichte bei Fällen, bei denen es aus besonderen Gründen objektiv ausgeschlossen erscheint, dass der Wohnberechtigte sein Wohnrecht jemals wieder ausüben kann. Dies könnte zum Beispiel der Fall sein, wenn der Berechtigte aus medizinischen Gründen auf eine apparative Versorgung angewiesen ist, die nur in einer stationären Einrichtung stattfinden kann.
c) Wohnrecht auf Lebenszeit bei Zwangsversteigerungen
Einen Ausnahmefall stellt auch die Zwangsversteigerung der Immobilie dar, denn diese kann zu einem Wegfall des Wohnrechts führen. In der Regel steht das Wohnrecht im Grundbuch immer hinter den Rechten der Bank als Kapitalgeber, wodurch die Bank an erster Stelle ihre Forderungen ausgleichen darf. Da das Wohnrecht rangschlechter als finanzierende Bank ist, erlischt es mit dem Zuschlag der Zwangsversteigerung. Es ist wichtig zu wissen, dass für den Wohnberechtigten in diesem Fall ein Anspruch auf Wertersatz aus dem Versteigerungserlös besteht. Leider geht er dabei nicht selten leer aus, weil aus der Zwangsversteigerung schlicht und einfach zu wenig Erlös erzielt wird.
d) Erlöschung des Wohnrechts zu Lebzeiten
Der Wohnberechtigte kann jederzeit selbst auf sein Wohnrecht verzichten. In dem Fall wird der Vertrag aufgelöst und eine Löschung des Grundbucheintrages beantragt. Indem der Berechtigte frühzeitig auf sein Wohnrecht verzichtet, verzichtet er auch auf einen geldwerten Vorteil. Daher kann er eine Entschädigung vom Eigentümer verlangen, wenn er sich mit der vorzeitigen Löschung des lebenslangen Wohnrechts einverstanden erklärt. Schließlich hat der Wohnberechtigte bei der Übertragung seiner Immobilie auf den neuen Eigentümer eine Kaufpreisreduzierung in Kauf genommen und sorgt nun durch die frühzeitige Löschung des Wohnrechts für eine Wertsteigerung der Immobilie. Bevor der Berechtigte sich für diesen Schritt entscheidet, sollte er auf jeden Fall den aktuellen Wert seines Wohnrechts berechnen.