Wohnrecht berechnen
Durch ein im Grundbuch abgesichertes Wohnrecht darf der Berechtigte des Wohnrechts die Immobilie weiterhin bewohnen, in der Regel ohne Miete zahlen zu müssen. Das Wohnrecht ist ein persönliches Recht, das dem Bewohner üblicherweise lebenslang zusteht. Das Wohnrecht kann beispielsweise als Bestandteil einer Schenkung in der Familie oder im Rahmen einer Erbregelung festgelegt werden. Es finden aber auch zahlreiche Immobilienveräußerungen mit lebenslangem Wohnrecht statt, weil Rentner das an ihre Immobilie gebundene Kapital zu Lebzeiten nutzen möchten.
Eine Immobilie erfährt eine Wertminderung, wenn sie mit einem Wohnrecht belegt ist, denn der Eigentümer kann sie nicht selbst nutzen oder an einen Dritten vermieten. Aus diesem Grund spielt die Frage nach dem Wert des Wohnrechts eine zentrale Rolle. Auch in dem Fall, dass der Wohnberechtigte sein Wohnrecht löschen und sich den Wert des Wohnrechts auszahlen lassen möchte, wird eine Wertermittlung des Wohnrechts benötigt. Mit unserem Rechner für lebenslanges Wohnrecht können Sie den Gesamtwert Ihrer Immobilie unter Berücksichtigung des lebenslangen Wohnrechts schnell und einfach berechnen.
Falls Ihnen diese Berechnung geholfen hat, würden wir uns über eine Bewertung freuen. Und wenn wir etwas verbessern können, nehmen Sie gerne Kontakt auf und lassen Sie es uns wissen!
1. Anleitung Berechnung Wohnrecht
1.1 Geschlecht und Alter eingeben
Das Alter und Geschlecht der wohnberechtigten Person(en) sind wesentlich für die Berechnung des Wohnrechts. Die Lebenserwartung beeinflusst die Dauer des Wohnrechts: Je älter die wohnberechtigte Person ist, desto kürzer wird sie das Wohnrecht in Anspruch nehmen können. Bei der Berechnung des Wohnwerts werden zudem geschlechterspezifische Unterschiede in der Lebenserwartung berücksichtigt, um den Wert möglichst genau zu bestimmen. Auch individuelle Risikofaktoren wie Gesundheit und Lebensstil können in die Berechnung einfließen.
1.2 Immobilienwert bestimmen
Der aktuelle Immobilienwert spielt eine zentrale Rolle bei der Berechnung des Wohnrechts, da er den Rahmen für potenzielle Verluste oder Einschränkungen durch das Wohnrecht festlegt. Ein Wohnrecht mindert den Wert einer Immobilie, da der Eigentümer sie nicht frei nutzen oder vermieten kann. Daher wird der Immobilienwert genutzt, um den finanziellen Wert des Wohnrechts zu berechnen und seine Auswirkungen auf den Gesamtwert der Immobilie zu verstehen.
1.3 Nettokaltmiete definieren
Die Monatskaltmiete ist wichtig für die Berechnung des Wohnrechts, weil sie die potenziellen Einkünfte aus der Vermietung einer Immobilie repräsentiert. Wenn ein Wohnrecht besteht, kann der Eigentümer die Immobilie nicht vermieten und somit keine Mieteinnahmen erzielen. Dies beeinflusst den finanziellen Wert der Immobilie und wird verwendet, um den Verlust durch das Wohnrecht zu quantifizieren. Bei der Berechnung reicht eine sogenannte fiktive Miete aus, d.h. man kann vergleichbare Mietobjekte aus der Umgebung heranziehen und sich mit Nachbarn, die mieten oder vermieten, sprechen. Die reale oder fiktive Nettokaltmiete kann auch als Referenzpunkt für Verhandlungen über Ausgleichszahlungen dienen, wenn der Wohnberechtigte sich sein Wohnrecht auszahlen lassen möchte. Für potenzielle Immobilienkäufer wiederum ist diese ein wichtiger Indikator für die Rentabilität der Investition.
1.4 Befristung des Wohnrechts
Normalerweise werden keine Befristungen vereinbart, da die meisten Wohnberechtigten nicht einschätzen können oder wollen, wie lange sie die Immobilie bewohnen werden. Möchte man also bis zum Lebensende in seiner Wohnung oder seinem Haus ohne Einschränkungen wohnen bleiben, wählen man an ein unbefristetes Wohnrecht. In manchen Fällen kann es allerdings auch Sinn machen, sein Wohnrecht auf einige Jahre einzuschränken. Hier wird dann häufig ein Wert von 10 Jahren oder weniger festgelegt.
2. Beispielberechnung Wohnrecht
In folgendem Beispiel handelt es sich um einen Mann im Alter von 75 Jahren, der eine Wohnung mit einem Verkehrswert von 300.000 EUR besitzt und bewohnt. Für eine vergleichbare Wohnung in der Nachbarschaft würde die Monatskaltmiete bei 700 EUR liegen, dieser Betrag wird als fiktive Nettokaltmiete festgesetzt. Der Mann wünscht ein unbefristetes Wohnrecht.
2.1 Berechnungsergebnisse
- Die Restlebenserwartung des 75-jährigen beträgt 11,10 Jahre. Statistisch gesehen wird der Mann also 86 Jahre alt und bis zum Jahr 2035 leben.
- Der Kapitalwert Multiplikator (auch Vervielfältiger genannt) ist eine Kennzahl, die dazu dient, den Wert einer Immobilie im Verhältnis zu den erzielten Mieteinnahmen zu bewerten. In Verbindung mit einem Wohnrecht kann der Kapitalwertfaktor verwendet werden, um den Einfluss des Wohnrechts auf den Wert der Immobilie zu analysieren. Ein Wohnrecht führt in der Regel zu einem höheren Kapitalwertfaktor, da die Mieteinnahmen durch das Wohnrecht eingeschränkt werden. In unserem Beispielberechnung beträgt der Kapitalwert Multiplikator 8,271.
- Im nächsten Schritt bestimmen wir den Wert des Wohnrechts anhand der Nettokaltmiete und des Kapitalwert Multiplikators: 700 EUR (Monatskaltmiete) x 12 Monate x 8,271 (Kapitalwert Multiplikator) = 69.476 EUR
- Nun wird das Wohnrecht vom Verkehrswert der Immobilie abgezogen: 300.000 EUR – 69.476 EUR = 230.534 EUR
- Verkaufspotential bedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit für einen erfolgreichen Verkauf bei dieser Wohnung rund 88% beträgt. Bei dieser Einschätzung werden verschiedene Parameter wie beispielsweise der Immobilienwert sowie das Alter des Wohnberechtigten. Wichtig ist zu erwähnen, dass bei einer ausführlichen Bewertung auch andere Faktoren wie der Zustand oder die Lage der Immobilie definitiv eine wesentliche Rolle spielen würden.
2.2 Ergebnisse graphisch dargestellt
Um eine möglichst einfache und verständliche Berechnung zu erreichen, werden die Ergebnisse aus unserem Musterrechner für Wohnrecht teilweise auch graphisch dargestellt. Dadurch kann man auf einen Blick erkennen, in was für einem Verhältnis das Wohnrecht zum Immobilienwert steht. Auch weitere Angaben wie die Restlebenserwartung, der Kapitalwert Multiplikator oder das Verkaufspotential werden angezeigt.
3. Weitere Beispielberechnungen
a) Die alleinstehende Frau Schätzle verkauft ihre Immobilie mit 75 Jahren und lässt sich ein lebenslanges Wohnrecht im Grundbuch eintragen. Laut Gutachter ist ihre Immobilie zum Zeitpunkt des Verkaufs 500.000 Euro wert, die fiktive Jahresmiete beträgt 14.400 Euro im Jahr (= 1.200 Euro Nettokaltmiete pro Monat). Die Lebenserwartung von Frau Schätzle liegt laut statistischem Bundesamt bei 13,01 Jahren, der Kapitalwertfaktor beträgt 9,373.
14.400 € Jahresmiete x 9,373 Kapitalwertfaktor = 134.971,20 Wert Wohnrecht
b) Herr Grüner verkauft seine Immobilie mit 80 Jahren und lässt sich und seiner 70-jährigen Lebensgefährtin Frau Müller ein lebenslanges Wohnrecht im Grundbuch eintragen. Laut Gutachter ist seine Immobilie zum Zeitpunkt des Verkaufs 350.000 Euro wert, die fiktive Jahresmiete beträgt 11.400 Euro im Jahr (= 950 Euro Nettokaltmiete pro Monat). Da Herr Grüner seine Lebensgefährtin im Rahmen des Immobilienverkaufs durch ein lebenslanges Wohnrecht absichert, ist die Lebenserwartung von Frau Müller für die Berechnung des Wohnrechts entscheidend, auch wenn sie nicht die Eigentümerin der Immobilie ist. Laut statistischem Bundesamt liegt die Lebenserwartung von Frau Müller bei 16,84 Jahren, der Kapitalwertfaktor beträgt 11,099.
11.400 € Jahresmiete x 11,099 = 126.528,60 Wert Wohnrecht
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass der Wert des Wohnrechts abnimmt, je älter der Wohnberechtigte ist. Für die Berechnung wird immer das Alter der jüngsten wohnberechtigten Person berücksichtigt. Die Wohnberechtigten müssen nicht miteinander verheiratet oder verwandt sein, d.h. man kann beispielsweise auch seinen Lebensgefährten durch ein lebenslanges Wohnrecht absichern.
4. Unterschied Berechnung Nießbrauch und Wohnrecht
Eine Immobilie kann entweder mit einem lebenslangen Wohnrecht oder Nießbrauchrecht veräußert werden. Der primäre Unterschied liegt darin, dass das Wohnrecht lediglich das Recht gewährt, eine Immobilie persönlich bis zum Tod oder Auszug zu bewohnen, während das Nießbrauchrecht zusätzlich das Recht einschließt, die Erträge oder Nutzungen aus der Immobilie zu genießen. Das heißt, bei Nießbrauchrecht kann der Wohnberechtigte auch ausziehen (z. B. in ein Pflegeheim) und die Immobilie selbst vermieten. Der Eigentümer kann die Immobilie erst nach dem Tod des Wohnberechtigten selbst bewohnen oder vermieten.
Bei der Berechnung des Wohnrechts stellt sich entsprechend häufig die Frage, wie Nießbrauchrecht im Vergleich zu lebenslangem Wohnrecht zu bewerten ist. Für das Finanzamt ist die Frage einfach zu beantworten: Bei der Berechnung des Wohnrechts wird nicht unterschieden, ob es sich um Nießbrauch oder „nur“ lebenslanges Wohnrecht handelt.
5. Berechnung zeitlich befristetes Wohnrecht
Ein Wohnrecht kann auch für einen befristeten Zeitraum vereinbart werden. Dies könnte beispielsweise der Fall sein, wenn ein Rentner noch zehn Jahre in seinen eigenen vier Wänden wohnen bleiben und anschließend in ein Pflegeheim umziehen möchte. Durch ein zeitlich befristetes Wohnrecht kann außerdem in vielen Fällen der Verkaufspreis der Immobilie erhöht werden, da das befristete Wohnrecht im Vergleich zu lebenslangem Wohnrecht oft weniger wert ist. Die Faustregel lautet: Je kürzer die Laufzeit des Wohnrechts ist, umso höher ist der Kapitalwertfaktor und somit letztendlich der Verkaufspreis der Immobilie.
Die Berechnung eines Wohnrechts mit zeitlicher Befristung unterscheidet sich im Wesentlichen nicht von der Berechnung eines lebenslangen Wohnrechts. Auch diese erfordert die Verwendung des Kapitalwerts für den entsprechenden Zeitraum, weshalb wieder die Tabelle des Statischen Bundesamtes herangezogen und der Kapitalwert für die gewünschte Laufzeit ermittelt wird. Die Berechnung berücksichtigt ebenfalls einen Zinssatz von 5,5 Prozent.
Tabelle befristetes Wohnrecht
Laufzeit in Jahren | Kapitalwert |
---|---|
1 Jahr | 0,974 |
5 Jahre | 4,388 |
10 Jahre | 7,745 |
15 Jahre | 10,314 |
25 Jahre | 13,783 |
6. Berechnung des Wohnrechts vor der Immobilienveräußerung
Im Allgemeinen wird der Wert eines lebenslangen Wohnrechts von verschiedenen Faktoren beeinflusst, wie beispielsweise der Größe und Standort der Immobilie sowie dem Alter der jüngsten wohnberechtigten Person. Es gibt grundsätzlich verschiedene Methoden zur Berechnung des Werts eines lebenslangen Wohnrechts. Häufig wird der Kapitalwert des Wohnrechts ermittelt, der durch die fiktive Nettokaltmiete auf Jahresbasis und einen Kapitalwertfaktor bestimmt wird. Es ist aber auch möglich, den aktuellen Verkehrswert der Immobilie heranzuziehen. Anschließend erfolgt eine Gegenüberstellung des Wertes der Immobilie mit und ohne Wohnrecht. Entscheidend bei der Bewertung ist, ob das Wohnrecht zeitlich befristet oder lebenslang sein sollte. Genauso entscheidend ist es, zu bestimmen, ob es bei dem Wohnrecht um Nießbrauch inkl. wirtschaftlicher Nutzung der Immobilie oder nur um ein lebenslanges Wohnrecht handelt.
Generell bietet das Wohnrecht eine interessante Option, das an der Immobilie gebundene Kapital frühzeitig rauszuziehen – insbesondere ältere Menschen mit begrenzten finanziellen Mitteln können hiervon profitieren. In der Regel kommt lebenslanges Wohnrecht bzw. Nießbrauchrecht auch den Investoren zugute, denn sie investieren in ein Objekt mit einem Kaufpreis unter Marktwert, das von den Bewohnern sorgfältig gepflegt und instandgehalten wird.
Die dargestellte Rechnung dient exemplarisch zur Veranschaulichung der Berechnung eines Wohnrechts. Als Basis der Berechnungen gilt § 14 Absatz 1 Satz 4 BewG Kapitalwert einer lebenslänglichen Nutzung oder Leistung im Jahresbetrag von einem Euro für Bewertungsstichtage ab 1. Januar 2024 und Bewertungsgesetz(BewG) Anlage 9 a(zu§ 13) Kapitalwert einer wiederkehrenden, zeitlich beschränkten Nutzung oder Leistung im Jahresbetrag von einem Euro.
Aktualisiert am 02. Dezember 2024