Leibrente für Immobilien
1. Was ist eine Leibrente?
Häufig stellen Senioren fest, dass ein Großteil ihres über Jahrzehnte erarbeiteten Vermögens in den eigenen vier Wänden steckt. So kann man vor dem Dilemma stehen, dass man im Alter nicht über eine ausreichende Liquidität verfügt, obwohl man Eigentum – nicht selten in einem beträchtlichen Wert – in Form einer Immobilie besitzt.
Eine Möglichkeit, Kapital aus der eigenen Immobilie zu Lebzeiten rauszuholen, stellt die Leibrente dar. Bei der Leibrente veräußert der Immobilieneigentümer seine Wohnung oder sein Haus an einen Investor oder eine Privatperson und erhält im Gegenzug keinen festen Kaufpreis wie üblicherweise bei Immobilienverkäufen, sondern eine regelmäßige, meist monatliche Zahlung sowie das Recht, die Immobilie bis zu seinem Lebensende weiter zu bewohnen. Diese Form der Rente steigert – ähnlich wie andere Rentenarten – das regelmäßige Einkommen des Rentners und erweitert damit seinen finanziellen Spielraum. Durch das lebenslange Wohnrecht wird außerdem sichergestellt, dass man seine gewohnte Wohnumgebung im Alter nicht verlassen muss, obwohl man seine Immobilie zu Lebzeiten verkauft.
1.1 Definition Leibrente
Grundsätzlich sind Leibrenten Renten, die bis zum Tod des Beziehers gezahlt werden. Hierzu zählen beispielsweise Versicherten- und Hinterbliebenenrenten der gesetzlichen Rentenversicherung sowie Renten aus Lebensversicherungen. Die Leibrente kann auch eine besondere Form des Immobilienverkaufs sein und dient in diesem Fall als Modell der Immobilienverrentung. Im Bürgerlichen Gesetzbuch ist die Leibrente im § 759 geregelt.
Bei Leibrente im Rahmen einer Immobilienverrentung verkauft der Eigentümer seine Immobilie an eine Privatperson oder einen gewerblichen Anbieter gegen ein Rentenversprechen. Im Gegensatz zu einem herkömmlichen Immobilienverkauf erhält der Veräußerer den Verkaufspreis in regelmäßigen, gleichbleibenden Teilzahlungen. Zudem ist es möglich, eine höhere Einmalzahlung zu vereinbaren.
Die Rentenzahlungen erfolgen je nach Vereinbarung monatlich, quartalsweise oder jährlich. Obwohl die Eigentumsrechte durch den Verkauf an den neuen Eigentümer übergehen, darf der Verkäufer das Haus oder die Wohnung weiterhin bewohnen, ohne Miete zahlen zu müssen. In der Regel wird Leibrente bis zum Lebensende des Berechtigten gezahlt. Die Leibrente kann jedoch auch zeitlich befristet werden (zum Beispiel 15 Jahre), wenn dies von beiden Vertragsparteien gewünscht wird. Nach Ablauf des vereinbarten Zeitraums gilt der Kaufpreis als vollständig gezahlt, das Wohnrecht bleibt jedoch bestehen.
1.2 Immobilienverkauf mit Leibrente
Möchte man sein Haus oder seine Wohnung gegen eine Leibrente verkaufen, gilt es zunächst, einen geeigneten Immobilienkäufer zu finden. Dieser kann sowohl eine Privatperson als auch ein gewerblicher Investor sein. Im nächsten Schritt sollten die Vertragsbedingungen möglichst detailliert definiert werden. Dabei sollten unter anderem folgende Fragen beantwortet werden:
- Wie hoch wird der Immobilienwert geschätzt?
- Wie hoch soll die Leibrente sein? Hierbei kann unser Rechner für Leibrente exemplarisch herangezogen werden.
- In welchen Abständen soll die Leibrente gezahlt werden?
- Soll zusätzliche eine einmalige Abschlagszahlung zu Beginn der Laufzeit stattfinden?
- Soll nur eine Person oder gleich mehrere Personen (z. B. ein Ehepaar) ein Wohnrecht erhalten?
- Soll die Leibrente lebenslang gezahlt werden oder zeitlich befristet werden?
- Soll statt Wohnrecht ein Nießbrauch vereinbart werden, damit der Berechtigte die Immobilie nicht nur bewohnen, sondern auch vermieten darf?
Wird eine Immobilie gegen Leibrente verkauft, braucht es einen notariell beglaubigten Vertrag. Im Vertrag werden die obigen Punkte und sonstige Vereinbarungen festgehalten. Zusätzlich wird die Leibrente als Reallast im Grundbuch eingetragen, wodurch der Verkäufer der Immobilie abgesichert ist.
2. Welche Varianten der Leibrente gibt es?
2.1 Leibrente klassisch
Bei der klassischen Leibrente erhält der Verkäufer der Immobilie ab dem Verkauf regelmäßige Zahlungen bis zu seinem Lebensende. Optional kann zusätzlich eine höhere Abschlagszahlung zu Beginn der Immobilienverrentung vereinbart werden. Für den Leibrentenbezieher wird zudem ein lebenslanges Wohnrecht im Grundbuch eingetragen, so dass seine Wohnsituation dauerhaft abgesichert ist. Diese klassische Variante der Leibrente bietet eine lebenslange finanzielle Sicherheit für den Verkäufer der Immobilie. Allerdings sollte beachtet werden, dass in dem Fall, dass der Verkäufer unerwartet früh verstirbt, der neue Eigentümer die Wohnung oder das Haus deutlich unter dem tatsächlichen Wert erhält.
2.2 Leibrente mit Höchstlaufzeit
Die Dauer bzw. Anzahl der Lebrentenzahlungen kann vertraglich eingeschränkt werden. Bei einer abgekürzten Leibrente vereinbaren die Vertragsparteien eine Höchstlaufzeit für die regelmäßigen Zahlungen. Da die Laufzeit in der Regel kürzer als bei der klassischen Leibrente ist, ist die Leibrente entsprechend höher. Wenn die Rentenzahlungen enden, gilt der Kaufpreis der Immobilie als getilgt. Dies bedeutet nicht, dass dann automatisch das Wohnrecht des Leibrentenbeziehers erlischt. Wenn ein lebenslanges Wohnrecht vereinbart wurde, bleibt dieses weiterhin bestehen.
2.3 Leibrente mit Mindestlaufzeit
So wie eine Höchstlaufzeit für Leibrente vereinbart werden kann, können die Vertragsparteien sich auch auf eine Mindestlaufzeit der Leibrente einigen. Bei dieser Variante leistet der Käufer Zahlungen über einen garantierten Zeitraum hinweg. Auch in dem Fall, dass der Leibrentenbezieher verstirbt, laufen die Zahlungen weiter. Die Weiterzahlung der Leibrente findet dann an die Erben bis zum Ende der vereinbarten Laufzeit statt. Diese Variante der Leibrente bietet die größte Absicherung: Der vereinbarte Betrag wird in dem jedem Fall ausgezahlt, auch wenn der Leibrentenbezieher verstirbt. Aufgrund der Garantiezeit ist die Höhe der Leibrente bei diesem Modell in der Regel geringer als ohne Garantie.
3. Die Vorteile der Leibrente
a) Für den Verkäufer der Immobilie kann Leibrente finanzielle Sicherheit bieten: Durch regelmäßige und verlässliche Auszahlungen – in der Regel lebenslang – wird seine Liquidität deutlich erhöht. Darüber hinaus kann der Verkäufer auch von einer Einmalzahlung profitieren, sollte eine im Zuge des Immobilienverkaufs vereinbart werden. Auch für den Käufer der Immobilie können regelmäßige Zahlungen statt einer einmaligen Überweisung des Kaufpreises von Vorteil sein, da er dadurch eine geringere Summe auf einmal aufbringen muss.
b) Der Verkäufer erhält ein lebenslanges Wohnrecht, das im Grundbuch der Immobilie eingetragen wird. Somit hat der Verkäufer die Sicherheit, dass er in seiner gewohnten Umgebung bis an sein Lebensende mietfrei wohnen kann.
c) Bei Leibrente übernimmt in der Regel der neue Eigentümer die Instandhaltung der Immobilie. Für den Verkäufer der Immobilie, häufig bereits in hohem Alter, bedeutet dies eine willkommene Entlastung.
d) Ein finanzieller Vorteil könnte entstehen, wenn der Leibrentenbezieher wesentlich länger als erwartet lebt. Die Kalkulation der Leibrente erfolgt nämlich auf Basis der statistischen Lebenserwartung des Rentners – wenn diese übertroffen wird, muss der neue Eigentümer mehr für seine Immobilie zahlen.
e) Wie oben dargestellt besteht für den Verkäufer der Immobilie die Möglichkeit, auf eine Rentengarantiezeit zu bestehen. In diesem Fall wird sichergestellt, dass der gewünschte Kaufpreis auf jeden Fall ausgezahlt wird. Sollte der Leibrentenbezieher vor dem Ablauf der vereinbarten Zahlungen versterben, erhalten die Erben die Restzahlungen.
4. Die Nachteile der Leibrente
a) Lässt man sich auf einen Immobilienverkauf mit Leibrente ein, sollte einem bewusst sein, dass man Eigentum verliert. Die Eigentumsrechte am eigenen Haus oder an der eigenen Wohnung werden vollständig aufgegeben und die Immobilie kann später nicht in die Erbmasse einfließen, sollten Erben vorhanden sein. Und hat man einmal seine Immobilie veräußert, verzichtet man auf mögliche zukünftige Wertsteigerungen.
b) Zudem sollte dem Verkäufer bewusst sein, dass er Abzüge beim Kaufpreis akzeptieren muss. Denn das Wohnrecht – ganz gleich ob befristet oder lebenslang – mindert den Wert der Immobilie. Dies wird bei der Kalkulation der Leibrente berücksichtigt.
c) Die Leibrente ist einkommensteuerpflichtig, wobei reduzierte Steuersätze gelten.
d) Eine Immobilie mit Leibrente zu verkaufen gestaltet sich in der Regel nicht so einfach wie ein klassischer Immobilienverkauf. Die Auswahl an Interessenten Kauinteressenten ist insgesamt kleiner, da der neue Eigentümer länger warten muss, bis er über seine Immobilie frei verfügen kann.
e) Wenn ein lebenslanges Wohnrecht vereinbart worden ist, bedeutet es, dass der Leibrentenbezieher seine Nutzungsrechte an der Immobilie in dem Moment verliert, wenn er auszieht. Wenn der Senior beispielsweise in ein Pflegeheim ziehen muss, kann er die Immobilie nicht vermieten.
5. Für wen lohnt sich die Leibrente?
Im Hinblick auf die Frage, wer eine Immobilie gegen Leibrente verkaufen kann oder soll, gibt es grundsätzlich keine Einschränkungen. In der Praxis hat sich jedoch gezeigt, dass gewisse Parameter eine Rolle dabei spielen, ob ein Immobilienverkauf gegen Leibrente Aussichten auf Erfolg hat und generell als sinnvoll zu betrachten ist. Vor allem der Käufer der Immobilie wird mit spitzem Bleistift rechnen, inwiefern eine Investition in eine mit Leibrente belastete Immobilie wirtschaftlich Sinn macht.
5.1 Verkäufer
Für den Immobilieneigentümer kann es gleich mehrere Gründe geben, das eigene Haus oder Wohnung gegen Leibrente zu veräußern. Im Vordergrund steht vor allem die finanzielle Situation und der Kapitalbedarf des Rentners. Ist in der Immobilie viel Kapital gebunden, das zur Aufstockung der eigenen Rente benötigt wird, kann die Leibrente ein interessantes Modell darstellen.
Die Leibrente bietet außerdem Senioren die Möglichkeit, in den eigenen vier Wohnen zu bleiben, obwohl sie die eigene Immobilie gegen Leibrente veräußern. So ist die eigene Wohnsituation im Alter abgesichert. Vor dem Verkauf sollte dringend geprüft werden, ob die Immobilie altersgerecht ist. Schließlich sichert man sich ein Wohnrecht auf Lebenszeit und entsprechend sollte die Immobilie dann auch für Senioren geeignet sein (z. B. nicht zu viele Barrieren wie Treppen oder enge Eingänge).
Sinnvoll kann die Leibrente auch für ältere Menschen sein, die keine Erben haben. Wenn die Immobilie ohnehin nicht vererbt werden soll, stellt es kein Problem dar, dass der Leibrentenbezieher sein Vermögen zu Lebzeiten verbraucht.
Die Leibrente kann sich auch lohnen, wenn man sich nicht mehr um die Instandhaltung der Immobilie kümmern möchte oder kann. Bei Leibrente ist es üblich, dass der neue Immobilieneigentümer die Instandhaltung, größere Reparaturen sowie Sanierungen übernimmt. Für Senioren kann dies eine bedeutende Entlastung im Alltag bedeuten.
Auch wenn Erben vorhanden sind, kann eine Immobilienübertragung mit Leibrente in Betracht gezogen werden. Überträgt der Rentner sein Haus oder Wohnung zu Lebzeiten an seine Kinder und erhält von diesen im Gegenzug regelmäßige Leibrentenzahlungen, kann dies einen positiven Effekt auf die Schenkungssteuer mit sich bringen. Es sollte in Rücksprache mit einem Steuerberater geklärt werden, welche Grenzen bei Schenkungen und Leibrentenzahlungen gelten.
5.2 Käufer
Die größte Motivation für den Käufer einer Immobilie mit Leibrente liegt auf der Hand: In der Regel kauft der Investor eine Immobilie deutlich unter dem Marktwert. Dies liegt daran, dass mit den noch in Zukunft liegenden Rentenzahlungen die bis dato noch nicht ausgezahlte Differenz zum Marktwert aufgezahlt werden soll.
Auch im Hinblick auf die Finanzierung der Immobilie kann die Immobilienverrentung mit Leibrente ein attraktives Modell sein. Denn der Käufer muss nicht gleich den gesamten Kaufpreis aufbringen, sondern zahlt in regelmäßigen Raten – in vielen Fällen ist es dadurch möglich, auf einen Immobilienkredit zu verzichten. Und selbst wenn eine einmalige Abschlagszahlung zu Beginn der Laufzeit vereinbart wird, wird diese deutlich niedriger als der eigentliche Marktwert der Immobilie sein.
Das Alter des Leibrentenbeziehers ist ein besonders relevanter Faktor für den Investor. Denn niemand kann vorhersagen, wie lange der Leibrentenbezieher letztendlich leben wird. Die Berechnung der Höhe der Leibrente basiert unter anderem auf der statistischen Lebenserwartung des Leibrentenbezieher – lebt der Bezieher der Leibrente deutlich länger als statistisch erwartet, entsteht für den Käufer ein finanzieller Nachteil. Denn er muss die Zahlungen auch über den ursprünglich berechneten Zeitraum hinaus fortsetzen, wenn die Leibrente nicht zeitlich befristet wurde. Der Immobilienkäufer möchte ein kalkulierbares finanzielles Risiko eingehen, weshalb die meisten Investoren bei Leibrente ein Mindestalter voraussetzen. Dieses liegt in der Regel bei 65 oder 70 Jahren.
Auch der Immobilienwert spielt für den Investor eine Rolle bei der Kaufentscheidung. Vor allem wenn es um gewerbliche Anbieter geht, kann es Untergrenzen bei dem Kaufpreis geben. Diese könnte beispielsweise bei 250.000 Euro liegen, weil der Verkäufer meint, dass sich der ganze Aufwand bei günstigeren Immobilien nicht unbedingt lohnt.
Die Leibrente wird als eine Reallast im Grundbuch eingetragen, wodurch sich der Immobilienwert insgesamt reduziert. Eine mit Leibrente belastete Immobilie ist also weniger wert und auch schwieriger wieder zu verkaufen. Entsprechend ist es für den Investor wichtig, dass er eine lastenfreie Immobilie kauft, d.h. diese sollte im besten Fall nicht im Grundbuch mit Rechten Dritter belastet sein – ein Beispiel hierfür wäre unter anderem eine im Grundbuch eingetragene Grundschuld.